Mondia war über Jahre die grösste Herstellerin von Fahrrädern in der Schweiz. Sie verschwand als eine der letzten.
Die bescheidenen Anfänge
Die Geschichte der Firma geht zurück bis auf das Jahr 1918. Gegründet wurde sie im solothurnischen Balsthal, unter anderem von einem Wirt und einem Schmiedemeister. In den Anfangsjahren handelte sie unter dem Namen «Jeker, Haefeli et Cie» mit importierten Fahrrädern, Nähmaschinen und Schmierölen. Ab 1933 wurden erstmals Fahrräder in der eigenen Werkstatt montiert und unter dem Markennamen «Mondia» vertrieben. Die ersten Rennräder kamen 1936 ins Sortiment und bescherten der Firma mit den Siegen von Karl Litschi und Giovanni Valetti bereits in den beiden Folgejahren Grosserfolge an der Tour de Suisse. 1946 wurde die Produktion mit der Errichtung einer neuen Velofabrik ausgeweitet, im gleichen Jahr kam der Vertrieb von Motorrädern als Geschäftsbereich hinzu. Die folgenden Jahrzehnte brachten weiteres Wachstum.
Mondia als grösster Hersteller der Schweiz
1985 hatte Mondia eine Jahresproduktion um die 22’000 Fahrräder erreicht. Zu dieser Zeit war sie mit einem geschätzten Marktanteil von zehn Prozent die grösste Herstellerin der Schweiz. Erst in den 90er Jahren lief ihr Cilo diesen Rang ab. Beschäftigt wurden 84 Mitarbeitende. Rund drei Viertel der gefertigten Fahrräder waren Rennsport- und Rennräder. Nur gerade etwa jedes zwanzigste gefertigte Rad war ein Tourenrad. Kinder- und Schulräder machten immerhin etwa einen Fünftel der Produktion aus. Vertrieben wurden die Räder in der ganzen Schweiz ausschliesslich im Fachhandel. Zu dieser Zeit exportierte die Fabrik sogar jährlich mehrere Hundert exklusive Räder in die USA. Die Pläne sahen aber noch mehr Wachstum vor und rechneten sogar mit einem weiteren Exportpotential. So investierte Mondia in den Bau einer neuen leistungsfähigeren Fahrradfabrik, welche die modernste der Schweiz wurde. Ebenfalls in den 80er Jahren wurden zudem die traditionsreichen Firmen Condor, bekannt vor allem als Herstellerin von Ordonnanz- und Posträdern, sowie Allegro übernommen. Neben dem Fahrradgeschäft unterhielt Mondia auch eine Mofa-Sparte, in welcher sie Sachs Mofas vertrieb. Weiter war Mondia zudem als Generalimporteurin von Kawasaki Motorrädern tätig.
Der Niedergang der Schweizer Fahrradindustrie
Spätestens in den 90er Jahren wendete sich dann aber das Blatt. Mondia teilte weitgehend das Schicksal der gesamten Schweizer Fahrradindustrie. Als Folge der Globalisierung und von zunehmendem Freihandel wurden die Schweizer Hersteller zunehmend durch günstige Importe aus Fernost bedrängt. Ein grosser Teil der Fahrradverkäufe verlagerten sich zudem vom Fachhandel zu den Grossverteilern, was die Margen zusätzlich schrumpfen liess und den Kostendruck weiter verstärkte. Die Fragmentierte heimische Industrie mit ihren zahlreichen kleinen Betrieben und hohen Lohnkosten konnte die Produktionskosten nicht auf ein wettbewerbsfähiges Niveau senken. Daher verstärkte sich der bereits anhaltende Trend, die eigene Rahmenproduktion aufzugeben und nur noch fertig importierte Rahmen zu verwenden. Auch führende Schweizer Hersteller von Komponenten wie Weinmann verschwanden. Insgesamt wurde das Argument der «Schweizer Qualität» zunehmend unglaubwürdig. In dieser schwierigen Situation waren die Schweizer Hersteller zudem mit einer rasanten Entwicklung hin zum Mountain Bike und neuen Materialien wie Aluminium konfrontiert, was viele überforderte. Von den veränderten Konsumentenbedürfnissen konnten vor allem Innovative amerikanische Marken mit Produktion in Fernost profitieren, welche zunehmend den Markt in den oberen Segmenten übernahmen, während Bau- und Supermärkte ein neues Billigsegment mit Importrädern zu Discountpreisen schufen. Eine Welle von Betriebsschliessungen rollte über das Land.
Die letzten Jahre vor dem Konkurs
Noch in den 90er Jahren hatte man bei Mondia in die Ausweitung der Stahlrahmenproduktion investiert. Nun aber sanken die Absatzzahlen rasant. Die geschichtsträchtigen Marken Condor und Allegra wurden eingestellt. Im Jahr 2000 konnten gerade noch um die 9’000 Fahrräder abgesetzt werden, schon ein Jahr später waren es sogar nur noch etwa 6’000. Daneben fuhr die Firma auch noch grosse Verluste im Immobilienbereich ein. Nach einem Management-Buyout wurde das Fahrradgeschäft an die neue Mondia Fahrrad AG ausgegliedert. Die Produktion wurde reduziert, die Fabrik in Balsthal verkauft. Damit wurde auch die eigene Rahmenproduktion, der einstige Stolz der Firma, aufgegeben. Die Fahrradmontage wurde in die Werkhallen von Titan in Strengelbach im Kanton Aargau verlegt, wo noch 15 Mitarbeiter beschäftigt wurden. Fahrräder wurden nur noch auf Bestellung gespritzt und montiert. Während andere grosse Hersteller wie Cilo oder Tigra längst Konkurs angemeldet hatten, ging Mondia erst 2012 definitiv der Schnauf aus. Im Rahmen des Konkursverfahrens wurde die Montage 2013 endgültig eingestellt und Restbestände liquidiert. Zurück blieb ein Schuldenberg von über einer Million Franken. Ein Jahr darauf kaufte ein anonymer Käufer für 300’000.- die Namensrechte an Mondia. Somit war auch Mondia, die einstige Vorzeigemarke der heimischen Fahrradindustrie, nach 80 Jahren Betrieb als letzte grosse Firma der Branche am Ende.
Heute liegt der Anteil in der Schweiz montierter Fahrräder bei weniger als zehn Prozent. Der Anteil der Fahrräder deren Rahmen auch hier gefertigt werden, dürfte unter einem Prozent liegen.
Quellen:
– Virtuelles Museum «balsthal-collector», Abgerufen am 16.2.17 (https://www.balsthal-collector.ch/balsthal/geschichte-von-balsthal/45-mondia-fahrradfabrik)
– Oltner Tagblatt «Bei Mondia bleibt ein Schuldenberg zurück» (http://www.oltnertagblatt.ch/solothurn/kanton-solothurn/trotz-verkauf-des-namens-bei-mondia-bleibt-ein-schuldenberg-zurueck-128251516)
– Velojournal, «Einzelkampf statt gemeinsamer Aufschwung», 3. Ausgabe 2001 (http://www.velojournal.ch/einzelkampf-statt-gemeinsamer-aufschwung.html)
– Blick «Hoffnung für die Kult-Velomarke» (http://www.blick.ch/news/wirtschaft/kaeufer-fuer-mondia-gefunden-hoffnung-fuer-die-kult-velomarke-id3056077.html)
– NZZ, «Marge kommt vor Marke», 30.1.06 (https://www.nzz.ch/articleDIIIG-1.7299)
(Text: Leandro Spillmann)